Der “California Transparency in Supply Chains Act 2010” - Was deutsche Unternehmen, die in den USA tätig sind, wissen sollten

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German Practice Alert

August 11, 2021

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Einführung

Die jüngsten Berichterstattungen über unmenschliche Arbeitsbedingungen in bestimmten Gebieten der Welt hat die moderne Zwangsarbeit erneut in den Fokus gerückt. Es gibt bereits eine Reihe von rechtlichen Bemühungen zur Bekämpfung von Zwangsarbeit, zum Beispiel:

Deutschland: CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/95/EU).

USA: California Transparency in Supply Chains Act 2010.

Vereinigtes Königreich: Abschnitt 54, UK Modern Slavery Act 2015.

Frankreich: Gesetz zur Wachsamkeitspflicht von Unternehmen; Änderungen des Rechnungslegungsgesetzes PZE Nr. 51 (Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/95/EU).

Italien: Gesetzesdekret Nr. 254 vom 30. Dezember 2016, (Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/95/EU).

Brasilien: Nationaler Pakt zur Abschaffung der Sklavenarbeit (freiwillige Initiative); „Schmutzige Liste der Sklavenarbeit“ (Liste Suja do Trabalho Escravo).

Darüber hinaus hat die EU kürzlich Leitlinien zur “Due Diligence” veröffentlicht, um EU-Unternehmen dabei zu helfen, das Risiko von Zwangsarbeit in ihren Betrieben und Lieferketten im Einklang mit internationalen Standards zu bewältigen (New EU guidance helps companies to combat forced labour (europa.eu).

Dementsprechend ist es für größere multinationale Unternehmen wichtig, die Compliance-Anforderungen für Zwangsarbeit zu überwachen, welche von einfachen Offenlegungspflichten bis hin zu Anforderungen reichen können, die möglicherweise zu einer Umstrukturierung der globalen Lieferkette des Unternehmens führen.

Unsere neue Ausgabe des “German Practice Alert” beschäftigt sich mit dem California Transparency in Supply Chains Act 2010, der in jüngster Zeit verstärkt durchgesetzt wird. Überraschenderweise kann es dabei deutsche Unternehmen treffen, und zwar selbst wenn diese in Kalifornien nur sehr wenig Geschäft haben.

Hintergrund

Kalifornien hat 2010 den California Transparency in Supply Chains Act erlassen, um sicherzustellen, dass Verbraucher über die Bemühungen der in Kalifornien tätigen Unternehmen zur Abschaffung von Menschenhandel und Sklaverei aus Produktlieferketten informiert werden.

Es gibt drei Voraussetzungen für die Anwendung des Gesetzes. Das Unternehmen muss:

  1. sich in seinen kalifornischen Steuererklärungen als Einzelhändler oder Hersteller ausweisen;
  2. Geschäfte im Bundesstaat Kalifornien tätigen; und
  3. weltweite Jahresbruttoeinnahmen von mehr als 100 Millionen Dollar haben.

Jeder deutsche Hersteller, der in Kalifornien verkauft, wird in der Regel die ersten beiden Bedingungen erfüllen (zu beachten ist insbesondere, dass es bei Herstellern im Gegensatz zu Verkäufern keine Beschränkung auf Endverbraucherprodukte gibt).

Bei der dritten Bedingung liegt die Betonung auf „weltweit“, was bedeutet, dass der Umsatz von 100 Millionen US-Dollar nicht unbedingt in Kalifornien erfolgen muss. Es reicht aus, wenn das Unternehmen weltweit einen Gesamtumsatz in dieser Höhe erzielt.

Offenlegungspflichten

Wenn das Gesetz anwendbar ist, muss ein Unternehmen: (i) seine „Bemühungen zur Verhinderung von Zwangsarbeit und Menschenhandel in seiner direkten Lieferkette für zum Verkauf angebotene materielle Güter“ offenlegen und (ii) diese Offenlegung mit einem auffälligen und direkten Link zu den erforderlichen Informationen auf der Homepage der Website des Unternehmens posten. Das Unternehmen muss keine besonderen Maßnahmen gegen Zwangsarbeit oder Menschenhandel ergreifen. Stattdessen fördert das Gesetz durch die Auferlegung der Offenlegungspflicht eine gute „Corporate Citizenship“. Das Unternehmen muss fünf Elemente und zu welchem Umfang es diesbezugelich Massnahmen ergriffen hat offenlegen:

  1. Verifizierung. Verifiziert das Unternehmen Produktlieferketten, um die Risiken von Menschenhandel und Zwangsarbeit zu bewerten und einzuschränken? In der Darlegung ist anzugeben, ob die Verifizierung von einem Dritten durchgeführt wurde.
  2. Prüfungen. Führt das Unternehmen bei Lieferanten Prüfungen durch, um die Einhaltung der Unternehmensstandards für Menschenhandel und Zwangsarbeit in Lieferketten zu bewerten? In der Darlegung ist anzugeben, ob es um eine unabhängige, unangekündigte Prüfung handelt.
  3. Zertifizierungen. Verlangt das Unternehmen von direkten Lieferanten Bescheinigen, dass die in den Produkten verwendeten Materialien den Gesetzen des Landes oder der Länder, in denen sie geschäftlich tätig sind, in Bezug auf Zwangsarbeit und Menschenhandel entsprechen?
  4. Rechenschaftspflicht. Unterhält das Unternehmen interne Standards und Verfahren zur Rechenschaftspflicht für Mitarbeiter oder Auftragnehmer, die die Unternehmensstandards in Bezug auf Zwangsarbeit und Menschenhandel nicht einhalten?
  5. Ausbildung. Bietet das Unternehmen seinen Mitarbeitern und Führungskräften, die direkt für das Lieferkettenmanagement verantwortlich sind, Schulungen zu Menschenhandel und Zwangsarbeit an, insbesondere im Hinblick auf die Risikominderung innerhalb der Lieferketten von Produkten?

Abhilfe bei Verstößen

Das Gesetz wird vom kalifornischen Generalstaatsanwalt durchgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt umfassen die Rechtsbehelfe jedoch keine Geldbußen oder Strafen. Stattdessen ermächtigt das Gesetz den Generalstaatsanwalt, eine Unterlassungsklage zu erheben, die auf Einhaltung abzielt. Allerdings werden solche Massnahmen öffentlich bekanntgegeben und können den Ruf eines Unternehmens beeinträchtigen.

Fazit

Viele deutsche Unternehmen mit globalem Geschäft könnten, ohne es zu wissen, bereits unter das kalifornische Gesetz fallen. Einige dieser Unternehmen haben möglicherweise bereits Informationen zu Zwangsarbeitsrichtlinien auf ihren Websites, sei es als Teil ihrer freiwilligen Richtlinien für „good Corporate Citizens“ oder um andere nationale Gesetze einzuhalten (wie den UK Modern Slavery Act 2015, der dem kalifornischen Gesetz weitgegehend nachgebildet wurde). In einem solchen Fall wäre es nur ein kleiner Schritt, alle erforderlichen zusätzlichen Offenlegungen nach dem kalifornischen Gesetz hinzuzufügen, um die potenzielle Falle von Durchsetzungsmaßnahmen in Zukunft zu vermeiden. Für andere könnte die neuerliche Einhaltung des kalifornischen Gesetzes ein erster Schritt in einem umfassenderen Bestreben sein, Zwangsarbeitsprobleme in ihrer Lieferkette anzugehen.